Wie kommen die Ulner von Dieburg nach Weinheim?

Wie kommen die Ulner von Dieburg nach Weinheim?

Die Burgmannen in Dieburg, zu denen Anselm von Dieburg gehört, sind Gefolgsleute der Herren von Münzenburg (1255 ausgestorben). Anselm, 1236 urkundlich erwähnt, trägt noch nicht den Beinamen Ulner.

Das mittelhochdeutsche Wort „Ulner“ bedeutet Töpfer, lateinisch figulus. Der erste der drei Anselm-Söhne wird in Urkunden als Conradus Ulnere oder Conradus dictus figulus bezeichnet. Er mag die Leitung, der in der Burg befindlichen Töpferei (einen Töpferofen haben die Ausgrabungen dort nachgewiesen) innegehabt haben. Das Bewusstsein ihrer Herkunft bleibt ihnen so wichtig, dass sie die ule, den Tontopf, als Helmzier ihres Wappens wählen – über dem Sinnbild ihrer Herkunftsstadt, der dreitürmigen Burg.

Dieburg gehört seit 1310 zum geistlichen Kurfürstentum Mainz, in dessen Dienste die Ulner treten. Die Heirat eines Hartmann (I.) um 1350 mit Guda von Zwingenberg (an der Bergstraße) zeigt die geographische Richtung an, die ein Teil dieser Familie einschlagen wird. Zwingenberg gehört zur Obergrafschaft der Herren von Katzenelnbogen, die auf der benachbarten Burg Auerberg („Auerbacher Schloss“) als kurmainzsches Lehen ihren Sitz haben. Zur Rheinpfalz bestehen enge Beziehungen.

Die Neustadt Weinheim, um 1250 von den in Heidelberg residierenden Pfalzgrafen als Widerpart gegen die kurmainzsche Weinheimer Altstadt gegründet, wird im folgenden Jahrhundert Zielort der Bewegung. Im Jahre 1364 treffen wir wieder auf einen Anselm Ulner von Dieburg, der im Dienste der Grafen von Katzenelnbogen zum Truchsess und schließlich Amtmann avanciert. Er heiratet in diesem Jahr eine Fetzer von Rimbach, Elisabeth, die im Volksmund als „Tausendschön“ beliebt ist. Ihre Familie verfügt über reiche Besitzungen im Odenwald. Die Ulner Güter im Odenwald sind gleichsam die ökonomische Brücke nach Weinheim.

Von Treue-Bruch ist nicht die Rede, wenn die Ulner in Weinheim Lehnsleute des Kurfürsten von der Pfalz werden. Die Zeiten haben sich geändert. Es gibt Freundschaftsverträge zwischen Mainz und den rheinischen Kurfürsten (schon 1347), zuletzt zwischen Erzbischof Dieter von Ysenburg und dem Pfalzgrafen Friedrich, genannt „der Siegreiche“ (1456). Alte Barrieren sind niedergelegt.

Eine für die Ulner Geschichte im Spätmittelalter wichtige Verwandtschaftsbeziehung sollten wir beachten; die Mutter der Tausendschön – Elisabeth stammt aus der Weinheimer Schultheißen Familie. Sie ist wie (vermutlich) auch Hildegund, die Stifterin der steinernen Kapelle, eine Schwester des Schultheißen Johann von Weinheim († 1367),den wir als Erbauer des Spitals kennengelernt haben.

In der Kapelle zeigt der Blick auf die nördliche Chorwand die drei rechten Winkel im Wappenbild der Fetzer von Rimbach an zwei Stellen: beim Epitaph des Schultheißen Johann von Weinheim im rechts beigefügten Schild; sie verweisen auf seine Gattin Elisabeth aus dem Hause Fetzer von Rimbach.

Zum anderen begegnet uns das Wappenbild dieser Familie im Bildnisdenkmal des knienden Ritters Hartmann Ulner von Dieburg († 1502). Es bezieht sich auf seine Großmutter mütterlicherseits, die besagte Elisabeth „Tausendschön“. Zu verdeutlichen bleibt später, inwiefern die skizzierten Verwandschaftsbeziehungen für die Historie der Kapelle Bedeutung gewinnen.