Der kniende Ritter und die Frage, die er aufwirft
Die Frage gilt längst nicht mehr dem Namen: der Ritter heißt Hartmann (IV), nicht Martin, wie man lange gelesen hat. Die Frage ist: Wie kommt das Bildnisdenkmal in die Kapelle?
Im Gegensatz zu den anderen Epitaphien im Chorraum unbeschädigt, kann es dem Zerstörungswerk der Kriege im 17. Jahrhundert nicht ausgesetzt gewesen sein. Wann also und durch wen kam es in die Kapelle? Und Warum? Mit hoher Wahrscheinlichkeit, so unsere Hypothese, geschah dies beim Wiederaufbau der Kapelle nach der Zerstörung im Dreißigjährigen- und im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch Pleikard Ulner von Dieburg († 1748),der das mächtige Grabdenkmal aus der gotischen Marktplatzkirche, der Begräbnisstätte der in Weinheim ansässigen Familienmitglieder, hat transportieren lassen. Mitsamt den Gebeinen des Toten? Wir haben darüber keinen Bericht. Nur Ausgrabungen könnten Klarheit bringen.
Das Bildnisdenkmal ist übrigens ein Werk des „Meisters der Heidelberger Kniegrabsteine“. Von ihm bzw. aus seiner Werkstatt stammt auch der kniende Ritter in Sulzfeld: Albrecht Göler von Ravensburg († 1503) an der nördlichen Außenwand der evangelischen Kirche. Die gleiche Werkstatt des namentlich unbekannten Meisters hat auch das Epitaph geschaffen, das in der Kirche St. Vitus bei Heidelberg das kniende Ehepaar des Dieter und der Margarethe von Handschuhsheim zeigt.
Pleikard muss dem Verstorbenen eine zu Lebzeiten besondere Bedeutung für Kapelle und Spital beigemessen haben. Diese hatte er nachweislich: Hartmann (IV.) hat im Jahr 1467 mit seinem Bruder Philipp die Bestätigung des Verwaltungsrechts der Ulner für Kapelle und Spital vor Gericht erwirkt und damit die Grundlage für das künftige Gedeihen der Stiftung gelegt. Dieses Recht war den Ulnern (von wem ist nicht überliefert) bestritten worden. Es wird ihnen nunmehr als rechtens zugesprochen, eingeschränkt allerdings auf die Nachfolge „im Mannesgeschlechte“. Das wird sich dreihundert Jahre später als folgenschwer erweisen.
Hartmann steht im Dienste seines Landesherrn, des Kurfürsten Friedrich I. (1449 – 1476) und hat an dessen Kriegen und Schlachten als Ritter mit Gefolge teilgenommen. Er stirbt am Fest St. Peter in Ketten (vincula Petri) am 1. August des Jahres 1502.